Mein Redebeitrag zum Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens „Einführung eines Berliner Transparenzgesetzes“
Im folgenden mein Redebeitrag in der 2. Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses in der 19. Wahlperiode vom 18.11.2021 zum Tagesordnungspunkt 2 A – Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens „Einführung eines Berliner Transparenzgesetzes“
Frau Präsidentin! Vorab möchte ich gern sagen, dass ich mich freue, dass Sie die Sitzung heute leiten, ich glaube zum ersten Mal, wenn ich das richtig sehe.
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]
Wir haben zwar noch ein bisschen Phantomschmerz, dass wir keine Vizepräsidentin mehr haben, aber wir arbeiten daran, dass sich das wieder ändert. Jetzt freuen wir uns erst mal, dass Sie heute die Sitzung leiten. – Danke schön!
Dass die AfD die direkte Demokratie gerade hochgehal- ten hat, ist für eine rechtsradikale Partei natürlich lustig.
[Zurufe von der AfD]
Wir hatten ja am 26. September mit knapp 60 Prozent der Stimmen einen erfolgreichen Volksentscheid für das Volksbegehren „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“. Dass wir das umsetzen müssen, steht, glaube ich, außer Frage.
[Dr. Kristin Brinker (AfD): Und wie war das mit Tegel?]
Wir sprechen gerade über die Frage, wie wir das umsetzen. Dazu habe ich von Ihnen jetzt leider noch nichts gehört. Direkte Demokratie geht natürlich nicht nur, wenn es einem passt,
[Dr. Kristin Brinker (AfD): Gucken Sie mal in unser Parteiprogramm!]
sondern man muss die direkte Demokratie natürlich auch ernst nehmen, wenn einem die Abstimmungsergebnisse mal nicht passen.
[Beifall bei der LINKEN – Dr. Kristin Brinker (AfD): Tegel! – Zurufe von der AfD]
Was kann eigentlich das Transparenzgesetz in Berlin? Es wurde schon einiges dazu gesagt. Wir haben ja zwei Stufen. Seit 22 Jahren gilt in unserer Stadt das Informationsfreiheitsgesetz. Jeder Bürger, jede Bürgerin kann hier eine Anfrage stellen und Informationen des Staates erhalten.
Viele Dinge sind damit schon ans Licht der Öffentlichkeit gekommen.
Das Transparenzgesetz geht jetzt eine Stufe weiter und stellt diese Daten offen, und zwar für alle und jederzeit und digital. Das wäre, glaube ich, ein Riesenfortschritt, wenn wir das in Berlin erreichen könnten. Insofern möchte auch ich der Initiative noch mal danken. Die Initiative besteht übrigens aus vielen Organisationen, nicht zuletzt Umweltverbänden, aber auch Gewerkschaften, aber auch Bürgerrechtsinitiativen. Dass diese Initiative so breit aufgestellt ist, zeigt auch, was das Transparenzgesetz ist, nämlich ein Booster für unsere Demokratie. Wenn der Staat Transparenz über seine internen Prozesse herstellt, dann fühlen sich Bürgerinnen und Bürger in der Lage, demokratisch mitzuarbeiten, mit zu entscheiden und Dinge voranzubringen, und sie machen das dann auch. Insofern geht es hier nicht nur um die Frage, ob wir ein Wirtschaftsgut haben, das Wirtschaftswachstum erzeugt, das ist auch der Fall, viele Startups bauen auf Offene-Daten-Anwendungen auf, die richtig toll sind, sondern es geht auch darum, dass wir einen Demokratiebooster haben, der die Demokratie nach vorne bringt, der Engagement erzeugt, der uns in unserer zivilgesellschaftlich sehr aktiven Stadt gut zu Gesicht steht.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]
Ja, wir hätten das Gesetz gerne schon in der letzten Legislaturperiode verabschiedet. Es gab einen Senatsentwurf, und wir haben in der Koalition bis zum Sommer darüber verhandelt, ob wir das hinbekommen, diesen Senatsentwurf noch zu verabschieden. Weil Herr Goiny vorhin die Frage angesprochen hat, ob Rot-Rot-Grün für Transparenz ist oder nicht – das ist hier, glaube ich, nicht die Frage, sondern es geht hier um die Frage, ob wir alle Verwaltungen in die Lage versetzen, die hohen Ansprüche, die wir an ein Transparenzgesetz haben, dann auch so umzusetzen, wie wir uns das vorstellen. Ich glaube, da liegt der Hase eher im Pfeffer. Wer sich mal bei der Bundesregierung anguckt, wie dort Daten geheim gehalten werden, der weiß, dass sozusagen, glaube ich, Verwaltungen immer den Drang haben, erst mal zu sagen, das ist hier unsers, das ist unser Silo, das ist mein Aktenschrank, an dem ich viele Jahrzehnte gearbeitet habe, den gebe ich jetzt nicht so einfach Preis.
Deswegen, glaube ich, liegt es daran, dass wir uns als Parlament – und dafür möchte ich werben – den Transparenzgesetzentwurf, sowohl den der Initiative als auch den des Senats, vornehmen und uns als Parlament möglichst schnell auf den Weg machen und einen Transparenzgesetzentwurf verabschieden, gerne auch mit den demokratischen Fraktionen hier im Haus zusammen, um ein möglichst gutes Gesetz für Berlin im kommenden Jahr hinzubekommen, möglichst nach Hamburger Vorbild, das sage ich ja auch. Die Hamburger haben hier einfach einen Goldstandard gesetzt.
Aber ich glaube, wir müssen unsere Verwaltung auch ein Stück weit mitnehmen, was wir dort hinbekommen. Da geht es darum, dass wir einfach noch keine elektronische Akte haben. Hamburg hat damals vor zehn Jahren einfach auf den Knopf gedrückt und die Daten ins Netz gestellt, also war nicht ganz so, sehr vereinfacht jetzt. Wir haben größtenteils noch Papierakten. Wir können hier auf keine Knöpfe drücken und dann ins Netz stellen, sondern wir müssen erst mal die Voraussetzungen schaffen, dass die Daten ins Netz kommen können. Deswegen müssen wir Übergangsfristen einbauen und bestimmte Dinge vorbereiten. Das wäre übrigens eine Aufgabe, die auch die FDP hätte, wenn sie jetzt regieren würde, was sie ja Gott sei Dank nicht tun wird.
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von der FDP]
Diese E-Akte wird kommen, wir nehmen an, bis Ende 2024 ist das da, und bis dahin sind dann hoffentlich die Verwaltungen so vorbereitet, dass wir das Datenportal komplett für alle Bereiche scharfschalten können. Ich freue mich auf die Debatte über ein Transparenzgesetz in Berlin. Wir werden das natürlich mit der Initiative zu- sammen erarbeiten und dann hoffentlich im kommenden Jahr ein gutes Transparenzgesetz verabschieden. – Danke schön!
[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]