Der 9. November – ein Gedenktag

Der 9. November stand für mich ganz im Gedenken an die wechsel- und auch leidvolle Geschichte Berlins. Vormittags nahm ich gemeinsam mit Kultursenator Klaus Lederer und unserem Fraktionsvorsitzenden Udo Wolf an der Gedenkfeier für die Opfer des DDR-Grenzregimes an der Bernauer Straße teil – der Grenze, die Wedding und Gesundbrunnen von Alt-Mitte trennte. Vielen Berlinerinnen und Berlinern in Ost wie West ist die Erinnerung an die Mauer direkt vor ihrer Nase noch sehr präsent. Das Gedenken, das unter anderem von Schüler_innen aus dem Elsaß, aber auch aus Berlin gestaltet wurde, übertrug die historische Erinnerung auch in die Jetztzeit. Mauern seien nie eine Lösung, appellierten die jungen Menschen emphatisch an die Anwesenden. Gemeinsam wurde „Die Gedanken sind frei“ gesungen, ein Lied, das auch in der DDR an die Möglichkeit der Dissidenz erinnerte. Die frühere Bürgerrechtlerin und Autorin Freya Klier erinnerte an ihrer Rede an die Momente des absoluten Unglaubens am 9. November. Kaum jemand glaubte tatsächlich, was da im Radio gesagt wurde. Viele hielten es für einen geschmacklosen Scherz der Westsender. Schlussendlich war der Mauerfall dann doch ein Meilenstein in einer Kette von Ereignissen der Emanzipation in den Jahren 1989/1990, die von den Protesten gegen die Kommunalwahlen bis zur Auflösung der DDR andauerte.

Traditionell wird im Anschluss an die Feier die Mauer mit Blumen gesprengt. Bei der anschließenden Andacht erläuterte eine Wissenschaftlerin aus Albanien sehr eindrucksvoll, wie anders die Unterdrückung zu realsozialistischen Zeiten dort strukturiert war. Und wie schwierig der Aufarbeitungsprozess bis heute ist. Lange wollte dort niemand über die Verbrechen und die Repression reden. Erst langsam finden sich zivilgesellschaftliche Strukturen, um diesen Prozess zu begleiten.

Nachmittags stand die mittlerweile dritte Tour zum gemeinsamen Putzen von Stolpersteinen an – diesmal im Kiez Gesundbrunnen/Badstraße. Wir zogen los und polierten Stolpersteine in der Pankstraße, der Eulerstraße, der Badstraße, der Zingster Straße und der Bellermannstraße. Wir erinnerten an die Geschichten der Menschen, deren so abrupt endete weil sie Juden, Menschen mit Behinderung oder im Widerstand waren, und hinterließen Kerzen als Zeichen des Gedenkens. Auch in einem Kiez wie dem Gesundbrunnen, in dem viele Menschen aus vielen Kulturen miteinander leben, wollen wir das Gedenken an die nicht besonders ferne, aber umso grausamere deutsche Geschichte wachhalten.