dav

Anfrage an den Senat: soziale Lage der Studierenden während der Pandemie

Ziel der Anfrage war es, erste Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die soziale Lage der Studierenden abschätzen zu können. Dabei ging es unter anderem um BAföG, Abbrüche, diverse Überbrückungshilfen und Urlaubssemester bzw. Teilzeitstudium.

1. Abbruchzahlen

Auswirkungen auf die Studierenden zeigen sich vor allem bei den vorläufigen Abbruchzahlen. Diese stiegen in den Monaten Februar – Juni 2020 um etwa 20% (von rund 4600 auf rund 5500)im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Da nicht alle Hochschulen Zahlen liefern konnten bzw. diese nur Semesterweise erhoben werden, liegt die Zahl bis Juni 2020 wahrscheinlich sogar noch höher. Die in der Antwort Nr. 13 vorgebrachte Einschränkung, dass die Abbruchzahlen noch sinken könnten, weil sich Studierende vor ihrem Abschluss exmatrikulieren aber ihren Prüfungsanspruch behalten ist grundsätzlich richtig. Allerdings ist diese Option kaum bekannt, so dass nicht von großen Änderungen auszugehen ist.

Die vorläufigen Zahlen zeigen, dass die Abgänge ohne Abschlüsse an Hochschulen signifikant steigen. Dabei dürfte uns die eigentliche Abbruchwelle erst noch bevorstehen. Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie trafen die Studierenden erst, als schon der reguläre Rückmeldezeitraum für das Sommersemester abgeschlossen war und Studierende bspw. noch ihre Jobs hatten oder für ihre Prüfungen noch uneingeschränkt in Bibliotheken lernen konnten. Daher rechne ich vor allem am Ende des Sommersemesters 2020 mit weiteren coronabedingten Abbrüchen.

Wir brauchen daher weitgehende Maßnahmen, wie etwa Freiversuche bei Prüfungen, eine weitgehende Regelung zur Verlängerung der Regelstudienzeit und zusätzliche Prüfungszeiträume  um die Folgen der Pandemie für Studierende etwas abzumildern. Dass die Hochschulen das bisher teilweise ablehnen, kann ich im Hinblick auf die Einschränkungen, denen Studierende in diesem Semester unterworfen waren, nicht nachvollziehen. Außerdem müssen die Prüfungen entzerrt werden.

Die Wiederholungsprüfungen des Wintersemesters, die wegen der Pandemie ausfallen mussten, können nicht nebenbei im Sommersemester 2020 nachgeholt werden. Hier braucht es flächendeckende zusätzliche Prüfungszeiträume bis ins nächste Wintersemester hinein.“  

2. Überbrückungshilfe

Sowohl die Anzahl der gestellten Anträge, als auch die Anzahl der abgelehnten Anträge in Berlin ist deutlich höher, als bisher angenommen. So wurde insgesamt 14.373 Anträge gestellt, jedoch waren nur 5.790 vollständig (rund 40%) und wurden weiter bearbeitet.

Die hohen Hürden bei der Beantragung der Überbrückungshilfe des Bundes helfen Studierenden nicht weiter. Die Notwendigkeit einer Hilfe ist aufgrund der hohen Antragszahlen deutlich zu erkennen. Die Studierenden scheitern aber an kleinteiligen Prüfungen der Nachweise. Selbst mehrere, vom BMBF schnell hinterhergeschobene Klarstellungen zur Anwendung der Überprüfungen konnten nicht einmal ansatzweise das Verfahren vereinfachen.

Darüber hinaus ist die Überbrückungshilfe viel zu gering und die Bedürftigkeitsprüfung ist den  Namen nicht wert, denn sie findet praktisch nicht statt. Bedürftigkeit bemisst sich nicht allein am Kontostand, sondern an vielen Faktoren, wie etwa Kindern, chronischen Krankheiten, Behinderungen, der Höhe der realen Lebenshaltungskosten usw. Wer hier starr auf den Kontostand schaut, verliert die eigentliche Notlage der Studierenden aus dem Blick.  

3. BAföG

Die Anzahl der Geförderten durch BAföG ist im Juni 2020 nur auf dem Niveau von Juni 2019. Dabei hätte die Förderquote allein schon wegen der im Oktober 2019 in Kraft getretenen BAföG-Novelle deutlich steigen sollen. Weiterhin wurden deutlich mehr Erstanträge abgelehnt (Siehe Anlage der Antwort) , als im Vorjahreszeitraum. Hier gab es deutliche Rückgänge (z.b. April 2019 zu April 2020 ein Rückgang um 35%)

Das BAföG genügte schon vor der Pandemie weder den eigenen Ansprüchen, noch den Bedürfnissen der Studierenden. Dass die Zahl der Geförderten während der Pandemie nicht deutlich stieg, zeigt, dass es hier deutlichen Nachholbedarf durch den Bund gibt. Wenn der Bund dazu nicht in der Lage ist, dann müssen halt die Länder per Bundesratsinitiative tätig werden.

4. Urlaubssemester und Teilzeitstudium

Die Zahl der Studierenden im Urlaubssemester ist leicht rückläufig, die Zahl der Studierenden im Teilzeitstudium hat leicht zugenommen. Dies liegt im normalen Schwankungsbereich.

Das Teilzeitstudium bzw. das Urlaubssemester ist während der Pandemie keine wirkliche Option für die Studierenden. Hier sind wir als Landesgesetzgeber gefragt. Wir müssen vor allem das Teilzeitstudium weiter flexibilisieren.