Wissenschaftsausschuss 14. Juni 2021

Am 14. Juni 2021 war Wissenschaftsausschuss Montag. Die Tagesordnung als PDF ist wie immer auf den Seiten des Parlaments zu finden, eine Aufzeichnung des Streams auf dem Youtube Kanal des AGH und ein Live Twitterbericht unter diesem Tweet.

Direkt zu Anfang der Sitzung wurde der Antrag unter Tagesordnungspunkt 4 durch den Ausschuss auf die nächste Sitzung verschoben. Neben den immer stattfindenden Punkten Aktueller Viertelstunde, Bericht des Senats (es gab nichts zu berichten) und Verschiedenes gab es deswegen nur die Anhörung zur „Herausforderungen der Hochschulgesetzgebung“ auf Antrag der Koalitionsfraktionen und die zugehörige 418 Seiten lange Gesetzesvorlage „Gesetz zur Stärkung der Berliner Wissenschaft“ (PDF). Diese Gesetzesvorlage soll das alte Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) weitreichend ändern, entsprechend lang war dann auch die Anhörung. Die Koalition hat sich leider vergeblich bemüht eine zweite Anhörung in einer Sondersitzung des Ausschusses zu erreichen – die CDU war bisher nicht davon zu überzeugen.

Die Hauptdiskussionspunkte der gestrigen Anhörung habe ich versucht zusammenzufassen. Die Gesetzesvorlage ist das Ergebnis eines bereits sehr lange laufenden Prozesses mit den beteiligten Akteur*innen, was sich in der Fülle der vorgetragenen Punkte zeigte. Da dieser Post aber lediglich eine Übersicht bieten soll, konnten viele der nur kurz oder lediglich durch einzelne Angehörige angesprochenen Punkte hier keine Berücksichtigung finden.

Aktuelle Viertelstunde

Adrian Grasse (CDU) fragte den Senat nach dem Stand der Diskussionen an der Beuth Hochschule. Dort gibt es einen Antrag auf Abberuffung des Präsidenten. Staatssekretär Steffen Krach erwidert, dass es natürlich im Sinne des Senats sei, wenn die Probleme gelöst werden, die Diskussionen aber interne Angelegenheiten der Hochschule sind.

Anhörung

Herausforderungen der Hochschulgesetzgebung

Den Besprechungsbedarf begründete Ina Czyborra (SPD) für die Koalition. Sie betont, dass die Koalition sich eine zweite Anhörung gewünscht hätte um mehr Stimmen zur Gesetzesvorlage zu hören. Sie verweist deswegen auf die Möglichkeit per Mail an das Ausschussbüro eine Stellungnahme abzugeben.

Als Anzuhörende waren geladen (in alphabetischer Reihenfolge): Jörg Nolte – Geschäftsführer Wirtschaft und Politik der Industrie- und Handelskammer Berlin, Carsten Busch – Präsident der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Sabine Kunst – Vorsitzende der LAndeskonferenz der Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen (LKRP) und Präsidentin der Humboldt-Universität Berlin, Sonja Staack – ver.di Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung, Leitung Bundesarbeitsgruppen Hochschulen und Forschung, Tarifkoordination Öffentlicher Dienst, und Gabriel Tiedje – LandesAstenKonferenz Berlin (LAK).

Sowohl Nolte als Vertreter der Wirtschaft, als auch Kunst und Busch für die Unis bzw. Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW, ehemals Fachhochschulen), kritisieren die geplante Vereinheitlichung der Strukturen der Hochschulen. Sie alle befürchten, dass dies die kleineren Hochschulen überlasten würde und die gewollte Ausdiffrenzierung und Profilierung der Hochschulen zueinander behindern würde.

Die Frage der einzel Beauftragten für diskriminierte Personengruppen wurde einerseits ebenfalls für die kleineren Hochschulen als überfrachtet betrachtet, andererseits wurde u.a. durch Tiedje und Busch aber darauf hingewiesen, dass diese durch die Verschwiegenheitspflicht und die gezielte Zuständigkeit eine sinnvolle Einrichtung seien. Der ebenfalls in die Diskussion gebrachte Vorschlag eine Gremiums, das die Beauftragungen in ihrer Gesamtheit abdecke, wurde lediglich von Kunst als effiziente Lösung befürwortet, von den anderen Anzuhörenden jedoch maximal als begleitendes Instrument in Betracht gezogen.

Die Erprobungs- bzw. Innovationsklausel sorgte für deutlichen Dissenz unter den Anzuhörenden. Während sich Tiedje und Staack deutlich für eine zeitliche Begrenzung und eine damit einhergehende Evaluation der getroffenen Regelungen einsetzten, vermutete Busch, dass die aktuelle Formulierung nicht den gesetzgeberischen Willen ausdrücke und Kunst befand, dass die Innovationsklausel so nicht tragbar sei. Nolte schloss sich in diesem Punkt im Wesentlichen Kunst und Busch an.

Differenzen zwischen Kunst und Busch waren bei der Frage des Promotionsrechts der HAW  zu spüren. Busch setzt sich, genauso wie Tiedje und Staack, ganz klar für ein Promotionsrecht der HAW ein um den Studierenden vor Ort eine wisenschaftliche Karriere bieten zu können und eine Gleichstellung von Universitäten und HAW zu erreichen, da an beiden hervorragende wissenschaftliche Leistungen erbracht werden. Kunst hingegen äusserte sich dazu sehr verhalten und kommentierte, dass „der Dammbruch […] seitens der Universitäten nicht aufzuhalten“ sei. Tobias Schulze, sprach sich, ebenso wie die anderen Sprecher*innen der Koalitionsfraktionen, deutlich für das Promotionsrecht der HAW aus.

In diesem Zusammenhang wurde auch der Bedarf an Dauerstellen für erfahrenes wissenschaftliches Personal neben den Stellen der Professor*innen deutlich. Bis auf die Vertreter*innen der Hochschulen plädierten alle Anzuhörenden deutlich dafür, dass es die Möglichkeit geben muss nach der Promotion an der Universität zu bleiben und dort nicht von einer befristeten Stelle in die nächste zu gehen, sondern ein stabiles und planbares Anstellungsverhältnis zu haben. Dem Argument von Kunst und Busch, dass vermehrte Dauerstellen dazu führten, dass Innovation blockiert würde und Angestellte dann diese Stellen langristig besetzten und ‚vom Markt‘ nähmen, entgegnete Staack, dass gerade diese Stellen gebraucht würden um innovative internationale Wissenschftler*innen, die keine der wenigen Professor*innenstellen bekämen nach Berlin holen bzw. hier halten zu können.

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