Ausgaben für Microsoftlizenzen in zehn Jahren mehr als verzehnfacht – Anfrage an den Senat

Die Debatte über die Abhängigkeit der öffentlichen Verwaltung von Microsoft-Produkten läuft seit langer Zeit. Versuche, davon zugunsten von Open Source wegzukommen, haben spannende Erkenntnisse über die Perspektiven jenseits der großen Player erbracht, wurden aber nicht zuletzt auf Grund von massivem Lobbydruck nicht auf Dauer gestellt. (eine spannende Studie von Markus Euskirchen dazu hier)

Seit einiger Zeit wird dieser Konflikt unter dem Schlagwort „Digitale Souveränität“ nicht nur von der IT-Szene, sondern auch von der Regierung und Parlament im Bund diskutiert. Anlass war unter anderem die Strategie von Microsoft und anderen, die Datenverarbeitung forciert in Cloudlösungen zu verlagern, aber auch die politische Situation in den USA und anderen Ländern, die ihren Geheimdiensten und Strafverfolgungsbehörden Zugriff auf die auf Servern gespeicherten Daten ermöglichen. Das Schrems II-Urteil führt nun dazu, dass die Nutzung amerikanischer IT-Produkte und insbesondere Clouddienste nicht mehr ohne Anpassungen datenschutzrechtlich möglich ist. Ob die Reaktionen etwa von Microsoft, die Nutzung europäischer Server etwa, zur Erfüllung der DSGVO-Vorgaben ausreichen, ist derzeit Gegenstand vieler Debatten.

Über die reinen Datenschutzfragen hinaus sind weitere Probleme im Zusammenhang mit der Dominanz von Microsoft in deutschen Verwaltungen anzusprechen. Auch Kosten werden immer wieder angeführt. Ich wollte daher vom Senat wissen, wie sich die Lizenzkosten für Microsoft-Produkte entwickelt haben und welchen Anteil diese am Gesamtbestand der Berliner IT haben. Die Antworten des Senats gibt es hier.

Ergebnis: die Kosten sind mit 16,5 Millionen Euro pro Jahr im Gesamthaushalt übersichtlich (einige Verwaltungen haben keine Daten geliefert). Allerdings wurden vor zehn Jahren lediglich 1,3 Millionen verausgabt und diese Steigerung ist doch enorm. Von 2017 auf 2018 fand eine Verdoppelung von 10 auf gut 20 Millionen Euro statt, die Gründe dafür werde ich nochmal nachfragen. Insgesamt werden die Steigerungen wohl nicht nur der Preis- und Produktpolitik von  Microsoft geschuldet sein, sondern auch dem extrem geringen Investitionsvolumen in den Sparzeiten vor zehn Jahren. Aber auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Häusern bei den Prioritäten werden deutlich: so gab die Senatskanzlei zwischen 2012 und 2017 nur einen Bruchteil aus, während etwa die Innenverwaltung dauerhaft recht hohe Kosten für Lizenzen hatte. Der worst case wäre natürlich, wenn diese Unterschiede vor allem der mangelhaften Dokumentation und einem fehlenden Lizenzmanagement geschuldet wären. Das wollen wir mal nicht hoffen.

Mit der zunehmenden Migration zum ITDZ werden natürlich dort die Lizenzkosten gebündelt werden. Dieser Prozess ist erst seit dem Jahr 2018 in den Zahlen zu sehen. Bei den Bezirken ist die Datenlage zumeist erst seit wenigen Jahren vorhanden, Friedrichshain-Kreuzberg liefert überhaupt keine Zahlen.

Die Zahlen für die Microsoft-Abdeckung zeigen insbesondere bei Betriebssystem und Office mit etwa 90 Prozent eine dramatische Dominanz. Hier müssen wir dringend Alternativen stärken und brauchen im Rahmen der IKT-Steuerung des Landes auch einen Prozess dafür, der die Beschäftigten einbezieht. Mich hat aber auch bei Servern der hohe MS-Anteil überrascht. Im Vergleich zu meiner Anfrage vom November 2017 steigen offenbar die Microsoft-Anteile in allen Anwendungsbereichen noch.

Die Debatte um digitale Souveränität sollte nicht nur aus geo-, wirtschafts- und sicherheitspolitischen Aspekten heraus geführt werden (wie das etwa die Bundesregierung tut), sondern auch aus daten-, nachhaltigkeits- und demokratiepolitischen Erwägungen.