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Für eine Neugestaltung der Bewerbungsverfahren ausländischer Studierender – ein Rückblick auf unser Fachgespräch

Bewerberinnen und Bewerber für ein Studium in Berlin, die eine Hochschulzugangsberechtigung aus dem Ausland haben, reichen seit einiger Zeit ihre Bewerbungsunterlagen gebündelt bei Uni Assist ein. Dieser Verein entstand 2003 nicht zuletzt als Initiative der Berliner Universitäten, die die Prüfung von Bewerbungsunterlagen aus Kompetenz- aber in den damaligen Sparzeiten auch aus Kostengründen bündeln wollten. Mittlerweile sind fast 200 Hochschulen Mitglieder des Vereins und lassen die Bewerbungsunterlagen ausländischer Studienbewerber_innen dort prüfen. Diese Sonderbehandlung im Vergleich zu inländischen Interessent_innen wird umso problematischer, als der Verein seine Kosten komplett aus den für die Prüfung der Unterlagen verlangten Gebühren speist. In jüngster Zeit war der Verein allerdings auch durch die problematischen Arbeits- und Tarifbedingungen in die Schlagzeilen geraten. Beschäftigte und die Gewerkschaft ver.di prangerten Kettenbefristungen und den tariflosen Zustand an. Rot-Rot-Grün in Berlin hatte bereits im Koalitionsvertrag erklärt, dass in den Bewerbungsverfahren Diskriminierungen ausgeschlossen und Alternative zu Uni Assist geprüft werden sollen.

Das Fachgespräch, zu welchem ich unter dem Motto „Wie weiter mit Uni Assist?“ eingeladen hatte, brachte erfreulich viele der Beteiligten an einen Tisch. Beschäftigte des Vereins, ver.di, aber auch die Geschäftsführung waren gekommen. Der Bundesverband ausländischer Studierender BAS war ebenso vertreten wie der fzs und studentische Vertreter_innen von Berliner Universitäten. Dazu hatten wir explizit auch die Zulassungsstellen der Berliner Hochschulen eingeladen, um ihre Sicht auf die Dinge zu hören.

Zum Auftakt machte Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach seine Sicht auf die Dinge deutlich.

Im Verlauf der Debatte kristallisierten sich die Problemfelder heraus:

  1. Gebühren und Finanzierung: Staatssekretär Krach machte zunächst Hoffnung, dass die Prüfungsgebühren für Geflüchtete weiter vom BMBF übernommen werden. Die Verhandlungen für eine Verlängerung des im Dezember 2019 auslaufenden Programm gestalteten sich positiv. Es bleibt das Grundsatzproblem der Gesamtfinanzierung. Hierfür böten sich verschiedene Lösungen an: die Länder bzw. die Hochschulen könnten jeweils weitere Teile der Kosten für die Prüfung von Unterlagen übernehmen und Bewerber_innen von den Gebühren freistellen. Diese Umstellung in der Finanzierung ist nicht nur aus Gründen der Gerechtigkeit gegenüber inländischen Bewerber_innen angezeigt, sondern auch, damit eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen nicht zu Lasten der Studienbewerberinnen erwirtschaftet werden muss. Im Fachgespräch zeigten sich auch Vertreterinnen der Berliner Unis offen für diese Lösung, wenn das Geld dafür vom Land kommt. In Berlin gehe es etwa um drei Millionen Euro.
  2. Zu welch schlechten Arbeitsbedingungen bei Uni Assist e.V. hochqualifizierte Tätigkeiten erbracht werden, wurde im Fachgespräch noch einmal eindrücklich vor Augen geführt. Viele Beschäftigte würde wie Saisonkräfte befristet eingestellt und müssten sich regelmäßig monateweise arbeitslose melden. Einen Tarifvertrag gibt es nicht, eine Vielzahl von Eingruppierungen, Urlaubsregelungen und Tarifhöhen sei die Folge. Geschäftsführung und Gewerkschaften konnten jedoch verkünden, dass bereits Termine für Tarifverhandlungen noch in diesem Jahr angesetzt seien. Ich hoffe, dass nicht nur einheitliche Entgelt (TVöD)- und Urlaubsregelungen vereinbart werden, sondern dass auch Lösungen für eine Ende der Hire-and-Fire-Praxis gefunden wird. Dass solch eine im öffentlichen Sektor überhaupt möglich ist, zeigt die Problematik solcher privatrechtlicher Strukturen.
  3. Die Vereinsstruktur wurde von mehreren Teilnehmer_innen des Gesprächs kritisiert. Es gebe keine Mitsprachemöglichkeiten und keine Transparenz, obwohl es sich vor allem um eine Einrichtung für Studierende handele. Hier sollte über eine Überführung in eine öffentlich-rechtliche Struktur mit klarer Mitbestimmung und öffentlicher Kontrolle diskutiert werden. Aber auch die unklaren Ansprechpartner_innen bei Problemen mit den Prüfungsverfahren wurden kritisiert. Während man bei den Hochschulen klare Ansprechpartner_innen in den Zulassungsstellen habe, sei Uni Assist hingegen ein großer Apparat. Unüberwindbar ist er allerdings nicht: wenn es zu einem Konflikt über nicht vollständige Bewerbungsunterlagen komme, würden diese auch unvollständig an die Hochschule weiter geleitet. Für die Beratung in den Bewerbungsverfahren seien ausschließlich die Hochschulen verantwortlich. Die Beschäftigten von Uni Assist berichteten allerdings auch, dass sie oftmals die einzigen seien, die von den hoch speziellen Problemen etwa mit indischen oder chinesischen Abiturzeugnissen Ahnung hätten. Offenbar müssen Service- und Unterstützungsmöglichkeiten deutlich ausgebaut werden.
  4. Ich stellte an die Anwesenden natürlich auch die Frage, ob angesichts dieser Probleme eine Rückführung der Bewerbungsverfahren an die Hochschulen nicht die beste Option sei. Dies sei angesichts von 300.000 Bewerbungsverfahren aus 200 Ländern keine echte Option. Niemand wolle, so die Aussage der Beteiligten, zu Zuständen zurück, in den ausländische Studierende mit Mappen unter dem Arm zu überforderten Zulassungsstellen jeder einzelnen Hochschule laufen müssten. Die Expertise bei Uni Assist bestehe gerade darin, die sich ständig verändernden Situationen in den 200 Bildungssystemen aufnehmen und die Empfehlungen der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen präzise umsetzen zu können. Früher sei viel zu oft in Unkenntnis und daher oft gegen die Bewerber_innen entschieden worden.

Mein Fazit: wir haben eine Vielzahl von Baustellen in dem Bereich der ausländischen Bewerbungen an unseren Hochschulen. Wir müssen das Sparmodell von Uni Assist in seiner jetzigen Konstruktion beenden und zu einer zukunftsfähigen bundesweiten Lösung möglichst als öffentlich-rechtliche Einrichtung kommen. Dabei sind die schlechten Erfahrungen mit der Stiftung für Hochschulzulassung und deren Probleme einzubeziehen.

Insbesondere die der diskriminierenden Gebühren, aber auch die schlechten Arbeitsbedingungen müssen und können jedoch kurzfristig angegangen werden. Auch die Unterstützung für Bewerber_innen bei Problemen im Prüfungsprozess und die Abstimmung mit den Hochschulen muss schnell auf- und ausgebaut werden. Das Land Berlin kann hier selbst Schritte gehen und auch die Berliner Hochschulen können hier ihren Einfluss bei Uni Assist geltend machen.

Das Fachgespräch hat Lösungswege für diese Probleme aufgezeigt. Ich werden sowohl die kurz – als auch die mittelfristigen Anliegen in die Koalitionsarbeit tragen. Danke nochmal an alle Beteiligten.